Inkognito I

Der Weltmeister Dr. Aljechin betrat auf einem Spaziergang in Paris ein kleines Café um eine Erfrischung einzunehmen. Im selben Raum wurde auch Schach gespielt. Aljechin sah manchmal hinüber und wurde schließlich von einem Herrn aufgefordert, mit ihm eine Partie zu spielen. Aljechin nahm an und die Gegner setzten sich an einem Schachtisch nieder und stellten die Figuren auf. "Ich gebe Ihnen einen Turm vor", meinte Aljechin.
"Aber wieso denn?", entgegnete leicht entrüstet sein Partner, "Sie kennen mich doch überhaupt nicht!"
"Eben deswegen!", war die Antwort Aljechins.

Inkognito II

Nachdem Aljechin den Weltmeistertitel von Capablanca erobert hatte, verbrachte der Ex-Champion einen Teil seiner Freizeit in einem Pariser Café. Freunde, Bekannte und andere kamen oft vorbei, um mit dem charismatischen Capablanca zu plaudern oder eine Partie zu spielen. Eines Tages, als Capablanca gerade Kaffee trank und Zeitung las, kam ein Fremder zu ihm an den Tisch, deutete auf ein Schachspiel und gab zu verstehen, dass er bereit wäre zu spielen, wenn Capablanca einverstanden sei. Das Gesicht Capablancas erhellte sich. Er faltete die Zeitung zusammen, baute die Figuren auf, steckte dabei aber seine Dame ein. Sein Gegner (der offenbar keinen Schimmer hatte, wem er gegenüber saß) reagierte leicht verärgert und meinte trocken: "Hey! Sie kennen mich ja gar nicht! Ich werde Sie schlagen!" Capablanca erwiderte leise mit einem höflichen Lächeln: "Wenn Sie mich schlagen könnten, würde ich Sie kennen."

Inkognito III

Lasker spielte gerne gegen Gegner, die nicht wussten, wer er war. Beispielsweise fand er es sehr amüsant, wie ein armer Bursche immer gegen seinen mysteriösen Gegner gewann, wenn er nur einen Springer hatte, aber verlor wenn er beide hatte. Einmal spielte er gegen einen Blinden, der trotz seiner Behinderung ein starker Spieler war. Nach einigen Zügen erhob dieser seinen Kopf und sagte: "Ich nehme an, Sie sind Dr. Lasker."

Liebe zum Schachspiel

Bogoljubow und Tartakower sollten einmal in einem Gästebuch ihre Liebe zum Schachspiel begründen. Bogoljubow schrieb: "Ich liebe das Schachspiel, weil es so logisch ist." Tartakower las dies und konnte natürlich der Verlockung nicht widerstehen: "Ich liebe das Schachspiel, weil es so unlogisch ist."

Feste Sache

Der starke Bremer Carl Carls (1880-1958) eröffnete mit den weißen Figuren immer mit 1. c4. Das war so sicher wie das Amen in der Kirche. Daher wurde in Deutschland die Eröffnung mit 1. c4 auch lange Zeit als Bremer Eröffnung betitelt. Eines Tages setzte er sich zu einem Mannschaftskampf ans Brett, griff mit Schwung nach dem C-Bauer und mit einem Ruck flog die Spielplane in die Luft und die darauf befindlichen Figuren quer durch den Raum, mit Ausnahme des C-Bauern. Seine Mannschaftskollegen hatten in der Nacht zuvor diesen am Brett von Carls mit starken Klebstoff festgeklebt.

 

Wer gewinnt?

Bei einem englischen Turnier geriet der damalige Weltmeister Aljechin durch ein zu riskantes Spiel gegen seinen Gegner in eine äußerst fatale Lage. Aljechin gelang es dennoch mit viel Glück, sich bis zum Abbruch zu retten.
Voller Stolz zeigte sein Gegner dann in der Mittagspause die Abbruchstellung einem Dr. Tartakower und fragte diesem dann nach einigen Erläuterungen: "Nun, was denken Sie, wer gewinnt die Partie?"
Darauf Dr. Tartakower trocken: "Aljechin." "Aber wieso denn? Ich habe doch die viel bessere Stellung!", rief Aljechins Gegner erstaunt.
Dr. Tartakower antwortete: "Ja, aber Sie haben mich ja nicht gefragt, wer die bessere Stellung hat, sondern wer die Partie gewinnt" und verschwand daraufhin. Tatsächlich konnte Aljechin die Partie letztendlich für sich entscheiden.

 

Vom Rauchen bedroht

Großmeister Aaron Nimzowitsch (1886-1935) hatte eine empfindsame und explosive Natur. Er war in Meisterkreisen bekannt, dass er als Nichtraucher besonders anfällig dafür war, wenn ihn ein Gegner mit Zigarrenqualm einzunebeln versuchte. 1927 beim Kandidatenturnier in New York hatte Nimzowitsch seinen Kontrahenten Dr. Vidmar vor ihrer Partie gebeten nicht zu rauchen. Der jugoslawische Großmeister war einverstanden, allerdings nur mit der Einschränkung, dass er eine Zigarre rauchen darf, wenn er eine sehr schlechte Stellung auf dem hat. Die Partie verlief nikotinfrei und Vidmar gewann. Verärgert beschwerte sich Nimzowitsch beim ungarischen Turnierleiter Geza Maroczy über das verdammte Rauchen. Maroczy erwiderte nur erstaunt: "Aber ihr Gegner hat doch gar nicht geraucht." "So, nicht geraucht sagen Sie? Schlimmer als das. Er hat mich mit Rauchen bedroht. Ständig lag die Zigarre neben dem Schachbrett, so dass ich mir sagte, machst du jetzt einen starken Zug, greift er zur Zigarre. Wie kann ich dabei die Partie gewinnen? Und Sie als Turnierleiter wissen selbst, dass die Drohung stärker als die Ausführung ist."

 

Wie gewonnen so zerronnen

Der in Prag geborene Weltmeister Wilhelm Steinitz (1836-1900) spielte um seine finanzielle Lage zu verbessern regelmäßig in London in einem Kaffeehaus Schach-Schnellpartien um Geld. Die Beträge waren höher wie damals in Wien, oft handelte es sich um ein englisches Pfund. Ein englischer Geschäftsmann, der sehr schwach spielte und ständig verlor, war einer seiner Dauerkunden. Daher überlegte sich einer von Steinitz's Freunden, nachdem sich dieser Spielverlauf wochenlang wiederholte, ob es nicht ratsamer wäre, den wohlhabenden Spielpartner auch einmal gewinnen zu lassen, bevor dieser das Interesse am Schachspielen mit dem Weltmeister verliere und damit auch seinen besten Kunden. Da Steinitz diese Überlegung für sinnvoll hielt, beschloss er die nächste Partie zu verlieren. Er stellte in diesem Spiel seine ungedeckte Dame dem Gegner entgegen. Nach sechs weiteren Zügen bemerkte er es und schlug die Dame. Daraufhin gab Steinitz auf und schob die Schachfiguren zusammen und fing an, sie für das nächste Spiel aufzustellen. Der Gegner wollte davon allerdings nichts mehr wissen und schrie: "Ich habe den Weltmeister besiegt! Ich habe den Weltmeister besiegt", und rannte aus dem Kaffeehaus und ist dort nie mehr wieder aufgetaucht.

 

Schachspieler als Beruf

Während einer Zugfahrt nach London kam der Weltmeister Steinitz mit einem - wohlhabend aussehenden - Geschäftsmann ins Gespräch. Im Laufe der Unterhaltung wurde Steinitz gefragt, welchen Beruf er denn ausübe. "Ich bin Schachspieler, mein Herr!", lautete seine Antwort. "Gut, aber ich wollte gern wissen, was Ihr Beruf ist", entgegnete der Geschäftsmann. Daraufhin Steinitz: "Ich spaße nicht - Schachspieler ist wirklich mein Beruf." Der Gentleman, der von seiner achtjährigen Tochter begleitet wurde, schaute äußerst ungläubig. Doch plötzlich mischte sich die Tochter, in das Gespräch ein: "Spielen Sie immer noch Schach?" Steinitz lächelte und meinte: "Freilich - und warum auch nicht?"  "Ich habe mit den Figuren gespielt", entgegnete daraufhin die Achtjährige, "als ich noch ganz klein war - aber jetzt spiele ich schon lange nicht mehr damit."

 

Verlierer mit hoher Selbsteinschätzung


1908 spielten der süddeutsche Meister Köhnlein gegen den Kaffeehausspieler Burletzki einen Wettkampf auf sechs Gewinnpartien. Letzterer ging mit viel Selbstvertrauen und Ich-gefühl in den Kampf, aber
die erste Partie gewann Köhnlein.
Burletzki: "Ich habe einen dummen Fehler gemacht."
Die zweite Partie gewann auch Köhnlein.
Burletzki: "Alle Partien kann man nicht gewinnen."
Die dritte Partie gewann ebenfalls Köhnlein.
Burletzki: "Ich bin heute nicht in guter Form."
Die vierte Partie gewann wieder Köhnlein.
Burletzki: "Er spielt nicht schlecht."
Die fünfte Partie gewann Köhnlein.
Burletzki: "Ich habe ihn unterschätzt."
Die sechste Partie gewann Köhnlein.
Burletzki: "Ich glaube, er ist mir ebenbürtig."

 

 

 

Phantomrochade

Als ein Spieler, der mit Damenturmvorgabe spielte, seinen König von e1 nach c1 zog, prostestierte sein Gegner und fragte ihn, was dieser Zug bedeuten sollte. Der Spieler antwortete, daß man in Turmvorgabepartien das Recht zur Rochade nicht verliert. Mit Ke1-c1 rochierte er mit dem Phantom des Turmes. In der nächsten Partie machte Schwarz zwei mysteriöse Läuferzüge: von g7 nach a1 und wieder zurück. Als Weiß wieder Ke1-c1 spielte, argumentierte Schwarz, daß die Phantomrochade nicht möglich sei, da er das Phantom des Ta1 bereits geschlagen hätte.

Meister Mieses

Als Jacques Mieses (1865-1954) ein Turnier in New York spielte, wurde er von einem Amerikaner, der seinen Namen falsch aussprach, gefragt: "Are you Mister Meises?" Mieses antwortete schlagfertig: "No, I am Meister Mieses!"

Epstein

Wilhelm Steinitz spielte gelegentlich um Geld. Die erste Adresse war damals in Wien das Cafe Rebhuhn, und dort "bringt er die ganze Ordnung des Kaffeehauses durcheinander" (Hannak). Nicht nur in schachlicher Hinsicht. Einer seiner "Kunden" war einmal der Bankier Epstein. Während der Partie mit ihm ließ sich Steinitz für einen Zug lange Zeit. Der Bankier drängte ihn mit einem ungeduldigen Wort, daß sich wie "Na?" oder "Nüh?" angehört haben muss. Steinitz zog daraufhin; als jedoch kurz danach Epstein selbst länger überlegte, machte Steinitz auch "Nüh?". Der andere fuhr ihn an: "Wissen Sie überhaupt, wer ich bin?" Steinitz, ungerührt: "Natürlich - Sie sind der Bankier Epstein auf der Börse; aber hier bin ich Epstein!"

Richard Reti

Der tschechoslowakische Großmeister Richard Reti gab im Jahr 1925 eine Rekordvorstellung im Blindsimultanspiel. Er kämpfte gleichzeitig an 29 Brettern. Als Reti nach Beendigung der Partien wegging, ließ er seine Aktentasche liegen. "Danke!", rief der Großmeister, als man ihm die Tasche zurückgab. "Was habe ich doch für ein schlechtes Gedächtnis!"

 

Mein System

Aaron Nimzowitsch (1886-1935), der tiefgründige Stratege, gab grundsätzlich nur dann ein Autogramm, wenn der Bewerber gleichzeitig eines seiner Bücher kaufte. In diesem Falle trug er dann eine Widmung ein. Nun geschah es anlässlich eines Turniers, dass sich ein junger Mann an ihn heranpirschte und um den Namenszug des Meisters bat. "Gehen sie zunächst zur Kasse und erwerben sie dort mein neuestes Werk "Mein System", dann erfülle ich ihren Wunsch", schnaubte Nimzowitsch. Doch besagter junger Mann war ein armer Teufel und wie er ohne Obolus in den Turniersaal gelangt war, wollen wir lieber schweigend übergehen. An den Buchkauf konnte er nicht denken. Doch er entdeckte unter den Zuschauern eine Dame seiner Bekanntschaft. An diese wandte er sich und bat um Unterstützung. Und o Wunder! Die "Kombination" ging voll auf! Mit honigsüßem Lächeln warf Nimzowitsch seinen Namenszug auf eine Karte und überreichte diese galant der Bittstellerin. Wer beschreibt seine Verblüffung, als er mit ansehen musste, wie die Karte sogleich dem dreisten Burschen von vorhin zugesteckt wurde. Dieser nahm die Beute in sichere Verwahrung und sagte zu dem verdutzten Maestro: "Sehen Sie, verehrter Großmeister, das ist mein System!"

Es wird Matt

In einer der vielen Simultanveranstaltungen Alexander Aljechins in Argentinien rief irgendein temperamentvoller Partner des Weltmeisters freudig aus: "Großmeister sie sind in drei Zügen matt." "Regen sie sich nicht auf Senior," antwortete Aljechin trocken, " vorher werde ich Sie in zwei Zügen matt setzen."

 

Das Autogramm

Bei der Mannschaftsweltmeisterschaft 1962 in Warna wandte sich eine Autogrammsammlerin zuerst an Fischer. Mit seiner Unterschrift beschrieb er die ganze Seite. Als Robert Fischer gefragt wurde, wo denn noch Platz für die anderen Namen sei, antwortete er: "Die anderen sind Quatsch."

 

Die Dreieinigkeit des Schachs

Einmal fragte ein junger Meister einen Kollegen: "Was meinen Sie, ist Schach Kunst, Sport oder Zeitverschwendung?"
"Das hängt davon ab, wer spielt. Wenn Smyslow spielt, ist es Kunst, wenn ich spiele ist es Sport, wenn Sie spielen, ist es Zeitverschwendung!"

Besser oder Schlechter?

Bei einem Turnier spielen die Meister Schlechter und  Janowski gegeneinander. Ein Kiebitz fragt: „Wer von den beiden ist Schlechter ?“ Antwort eines anderen: „ Janowski!“